1. Einleitung
Die heutige Biozönose von Mensch und Hauspferd (equus caballus) ist durch eine lange gemeinsame Geschichte geprägt. Vor rund 5000 Jahren begann die Domestikation von Equiden, dessen Ablauf noch nicht eindeutig geklärt ist. Insbesondere die Urform(en) unserer heutigen Hauspferde konnte bisher nicht eindeutig geklärt werden.
Die Gattung der Pferde Equus ist aus der Familie der Equidae und gehört der Ordnung Perissodactyla an. Alle genannten Taxa sind ausschließlich Herbivore. Das Verdauungssystem der Pferde ist gut an das Fressen von faserreichen Pflanzen adaptiert und kann mit dem Vier-Magen-System der Wiederkäuer (Ruminantia) konkurrieren (Lechner-Doll et al., 1992).
1.1. Stärkeverdauung
Die Fütterung von stärkehaltigen Futtermitteln hat sich bedingt durch den Einsatz als Arbeitstier und Fortbewegungsmittel in der Geschichte des Hauspferdes etabliert. Durch mehrstündige Arbeitseinsätze oder Reisen in futterarme Gebiete musste ein hochkalorischer Ersatz für die Zeit, in der das Pferd nicht fressen konnte oder kein ausreichendes Futter wuchs, gefunden werden. Die eigentliche Ernährung von faserreichen Pflanzenteilen bietet im Verhältnis von Energie zu Volumen ein insofern ungünstiges Verhältnis, als dass lange Zeit dafür investiert werden muss, den Bedarf der Tiere zu decken. Die Nutzungsdauer ist mit ausschließlicher Fütterung von Raufuttermitteln oder Gras also kürzer, als wenn ein Teil des Bedarfs durch hochkonzentrierte Futtermittel ersetzt wird. Dafür eignen sich stärkereiche Getreidekörner, fett- und eiweißreiche Samen und Rüben und deren Produkte. Sie werden allgemein als Kraft- oder Krippenfuttermittel zusammengefasst.
Stärke ist ein Polysaccharid aus α-Glucoseeinheiten mit glykosidischen Bindungen. Dabei gibt es zwei Arten von Polysacchariden: Die unverzweigte Form Amylose, die sich durch Wasserstoffbrückenbindungen zu einer Helix schraubt und die verzweigte Form Amylopektin, ähnlich Glykogen. Beide Formen werden durch weitere Wasserstoffbrückenbindungen zu sehr dichten und wasserunlöslichen Stärkekörnern abgelagert und in Amyloplasten in entsprechenden Speichergeweben wie Getreidekörnern und Kartoffelknollen gespeichert. Dabei gibt es sehr strukturierte, semikristalline Teile und lockere, amorphe Teile im Korn, die ähnlich wie Jahresringe an Bäumen um das Zentrum des Stärkekorns gelagert sind. Aus dieser Art der Speicherung entstehen gewisse Barrieren für den Organismus, der diese Pflanzenteile als Nahrung zu sich nimmt, denn für die Energiegewinnung kann nur das Monomer α-D-Glucose ins Blut resorbiert werden.
Das Getreidekorn hat eine Schale, die den Embryo der Pflanze und den Mehlkörper (Pflanzenzellen mit Stärkekörnern) umhüllt. Weitergehend spielt auch das Verhältnis von Amylose zu Amylopektin eine Rolle, denn amorphe Bereiche sind durch frei eingelagertes Wasser Ansatzpunkt für den enzymatischen Aufschluss (Rooney et al. 1986). In amorphen Bereichen sind überwiegend Amylosemoleküle zu finden. Typischerweise enthalten Stärkekörner im Getreide ~20% Amylose und ~80% Amylopektin (Jenkins und Donald 1995).
Während der Verdauung müssen die Verpackungsebenen der Stärke im Getreidekorn durch mechanischen und enzymatischen Aufschluss wieder aufgebrochen werden. Am Anfang steht das mechanische Aufbrechen des Korns durch Kauen im Mundraum. Das Gebiss des Pferdes ist anisognath und durch ellipsoide Kaubewegungen wird die Nahrung gemahlen. Außerdem wird sie durch amyloselosen Speichel (Saliva) aus den drei Speicheldrüsen am Kopf (Glandula parotis, Glandula mandibularis und Glandulae sublinguales) durchfeuchtet. Durch Abschlucken gelangt die Nahrung durch die Speiseröhre (Oesophagus) und den sehr kräftigen Mageneingang (Kardia) in den Magen (Ventriculus), der grob in zwei Bereiche eingeteilt werden kann: Dem drüsenlosen Teil (Pars nonglandularis) und dem drüsenreichen Teil (Margo plicatus und Pars glandularis). Dabei ist in dem Bereich des Pars nonglandularis eine fermentierende Mikrobiota zu finden, die short chain fatty acids (SCFA), Laktate und Gase wie Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Ammioniak (NH3) bilden. Die Nahrung wird schichtweise gefüllt und der Magen dient als primäres Speicher- und Verdauungsorgan, welcher abhängig von seinem Inhalt Nahrung in den Dünndarm entlässt. Stärkereiche Nahrung verbleibt länger im Magen als Stärkeärmere (Metayer et al. 2004). Dabei ist er aber nur sehr begrenzt dehnfähig. Im Magen beginnt außerdem der enzymatische Aufschluss von Proteinen und Fetten. Durch den Magenausgang (Sphincter pylori) gelangt die Nahrung in den Dünndarm (Intestinum tenue), dessen Schleimhautschicht (Tunica mucosa) eine durch Mirkovilli stark vergrößtere Oberfläche besitzt, denn der Dünndarm ist der Hauptort der Nährstoffabsorption. Der Dünndarm wird in drei Abschnitte unterteilt: Den Zwölffingerdarm (Duodenum), den Leerdarm (Jejunum) und den Hüftdarm (Ileum). In das Lumen des Dünndarms werden von der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) sezernierte Verdauungsenzyme entlassen, unter anderen auch die pankreatische Amylasen. Im Vergleich zu anderen Tierarten, wie zum Beispiel dem Schwein, ist im Dünndarmchymus deutlich weniger Amylase zu finden (Pferd: 10-40 U/g Chymus; Schwein 400-600 U/g Chymus). Sie spalten die polysacchariden Moleküle in die Di- und Trisaccharide Maltose und Maltotriose. An membranständigen Disaccharidasen werden diese dann zu Glucose und Galactose zerschnitten und über den Na+/Glucose Co-Transporter SGLT1 sekundär aktiv ins Blut resorbiert. Dort stimuliert die Glucose dosisabhängig eine Insulinsekretion (Argenzio und Hintz 1971). Das Hormon wird für eine schnelle Reaktion in der Bauchspeicheldrüse gespeichert (Steiner 1987). So kann eine Insulinantwort innerhalb der ersten Minuten nach einem Stimulus erfolgen (Giraudet et al.1994). In den Körperzellen ist Insulin dafür verantwortlich Glucose aus dem Blut in die Zellen aufzunehmen und senkt damit den Blutzuckerspiegel.
Der Teil des Nahrungsbreis, der nicht resorbiert wurde, gelangt weitergehend über den kräftigen ilealen Teil des Dünndarms in den Dickdarm (Intestinum grassum) mit den Abschnitten: Blinddarm (Caecum), Grimmdarm (Colon) und Mastdarm (Rectum). Vor allem im Caecum und Colon ist eine artenreiche Mikrobiota zu finden. Sie entspricht zahlenmäßig etwa der des Pansens und fungiert als Gärkammer. Auch hier werden durch die Fermentierung von Kohlenhydraten und vor allem Struktursacchariden wie zum Beispiel Cellulose und Pektine SCFA, Laktate, CO2, CH4 und Wasserstoff produziert. Dabei können SCFA vom Darm resorbiert werden und in den Energiehaushalt des Pferdes eingehen. Zudem werden Vitamine durch die Mikrobiota synthestisiert, die ebenfalls für das Pferd verfügbar sind. Funktionen des Dickdarms sind zum Einen die Resorption von Wasser aus dem Chymus, als auch die Durchmischung dessen, sowie den Transport retrograd. Durch einen Dehnungsreiz an der Rektumwand wird dann der unverdauliche Rest durch den Analpshinkter ausgeschieden.
1.2. Unterschiede der Futtermittel
Das Institut für Futtermittel Nord-West (LUFA) hat für 2020 als Mittelwerte für die Inhaltsstoffe und Energiegehalte von Heu eine Trockensubstanz (T) von 86,5% und davon einen Stärkegehalt von 0,3% der T angegeben. Auf einen Kilogramm Heu entspricht das einer Menge Stärke von 2,6 g/kg Heu.
Nach der Auflistung der beweka Kraftfutterwerk GmbH hat allgemeiner Hafer einen Stärkeanteil von 447 g/kg Hafer. Damit liegt der Anteil Stärke um ein Vielfaches höher als im Heu und damit natürlicheren Futterquelle. Deshalb gibt es in der Verdauung physiologische Unterschiede als Reaktion auf das stärkereichere Futter. Die Unterschiede beginnen bei der Kautätigkeit im Maul des Pferdes. Die Dauer des Kauens für einen Kilogramm langes Heu beträgt etwa 40 Minuten für ein Großpferd und 80 Minuten für ein Kleinpferd. Für einen Kilogramm Kraftfutter (Haferkörner oder Pellets) liegt die Dauer zwischen 10 Minuten für ein Großpferd und 40 Minuten für ein Kleinpferd. Weiterhin ergeben sich Unterschiede in den Mengen an Speichel, die für die zwei Futterarten aufkommen. Für Heu werden bis zu 5 Litern Speichel für einen Kilogramm Heu sezerniert. Für Kraftfutter liegt die Menge an Speichel, die für einen Kilogramm Hafer bereitgestellt wird, bei 1-1,5 Litern. Daraus ergeben sich unterschiedliche pH-Werte im Magen. Bei Heufütterung liegt der durchschnittliche pH im Magen bei unter 3. Bei Kraftfuttergabe liegt der durchschnittliche pH bei über 3. Eine Kraftfuttergabe hat eine erhöhte Konzentration an Laktat im Mageninhalt zur Folge, wobei bei reiner Raufuttergabe eine erhöhte SCFA-Konzentration zeigt. Beide Molekülgruppen sind, wie bereits erwähnt, Indikatoren für mikrobielle Fermentation (Meyer 1995). Bei niedrigen pH-Werten (<3) am Pylorus ist ein Absinken der mikrobiellen Aktivität festzustellen (Meyer 1995). Weitergehend im Dünndarm, der ebenfalls eine Mikrobiota besitzt, steigt einige Stunden nach Heufütterung die durchschnittliche Anzahl an Mikroorganismen deutlich an, wobei sie bei Fütterung von Kraftfuttermitteln (Gerste, Maismehl, Maissilage) gleich bleibt oder absinkt (Kollarczik et al. 1992). Außerdem sinkt der pH nach Fütterung von Mais oder Hafer im Jejunum vier bis sechs Stunden postprandial deutlich auf etwa pH 1 von einem Ausgangswert von pH 7,8-8,2 wobei die Laktat-Konzentration steigt (Landes 1992). Im Dickdarm, dem eigentlichen Ort der mikrobiellen Fermentation, steigt die Anzahl der Mikroorganismen durch eine Kraftfuttergabe (Kern et al. 1973), wobei der pH-Wert im Caecumchymus sinkt und mit dem Laktatgehalt korreliert (Landes 1992).
1.3. Pathogene Effekte
Große Mengen an Stärke im Dickdarm, die durch hohe Kraftfuttergaben oder durch schwer verdauliche Stärkearten in den Dickdarm gelangen können, können eine mikrobielle Störung auslösen (Willard et al. 1977). Dabei steigt die Anzahl säurebildender Bakterien vermehrt, wobei durch den niedrigen pH andere Bakteriengruppen in ihrer Zahl abnehmen oder gar Absterben und Endotoxine freisetzen können. Die erhöhte Fermentation im Lumen des Dünndarms wird mit einer Endotoxin-begründeten Laminitis (Pododermatitis aseptica diffusa) in Verbindung gebracht (Weiss et al. 2000). Weitere Erkrankungen mit Kolik-Symptomen können ebenfalls durch Fütterung entstehen und Dysbalancen im Verdauungssystem hervorrufen (Hintz und Cymbaluk 1994). Hierfür hat Coenen (2013) unstrittig kolikfördernde Merkmale der Fütterung zusammengefasst. Unter anderem wären hier Merkmale zu nennen wie: ungünstige Futterverkleinerung (<4cm), mangelnder Stärkeaufschluss bei Gerste und Mais, raufutterarme Rationen, hoher Konzentrateinsatz, hohe Mengen unbearbeitetes Getreide, voluminöse Mahlzeiten mit hoher Energie- und Nährstoffdichte (…), ungeeignete Getreide wie Roggen und Weizen.
Außerdem beschreibt Coenen (2013), dass von konzentratreicher Fütterung ein Magenschleimhaut-schädigendes Potential ausgehen kann und durch intragastrale Dysbakterien mit focierter Gasbildung Koliken verursachen kann. Zudem sind unter anderen rasche Futteraufnahmen, geringe Speichelbildung, Disharmonien von Füllung und Entleerung, forcierte Fermentation, unbefriedigende Azidierung, die im Hinblick auf Entstehungen von Koliken im Magen kritisch (Coenen 2013). Weitergehend im Dünndarm kann eine durch konzentratreiche Fütterung induzierte forcierte Fermentation mit einer Azidierung des Chymus die Optima der Verdauungsenzyme negativ beeinflussen und zu einer übermäßigen Freisetzung von CO2 führen (Meyer 2001). Gleiches gilt für den Dickdarm, der mit übermäßiger Stärkezufuhr Fehlfermentationen ausgesetzt ist und durch die Verschiebung in das resultierende saure Milieu Schleimhautschäden erleiden kann, durch die vermehrt Stoffe mikrobieller Herkunft eindringen können (Coenen 2013).
Es sind aber auch weitere Effekte zu finden. So beschreibt Bulmer (2019) höhere Herzschlagfrequenzen, eine grundsätzlich veränderte Mikorbiota und daraus resultierende veränderte Verhaltensweisen der stärkereich gefütterten Pferde.
2. Futtermittelverarbeitung
Grundsätzlich ist die Fütterung des Hauspferdes nach natürlichem Vorbild (ausschließlich Raufuttermittel) sinnvoll um eine physiologische Verdauung des Futtermittels zu gewährleisten. Es gibt allerdings einige Gründe (zum Beispiel Trächtigkeit, Wachstum, intensiver sportlicher Einsatz), weswegen Tiere einen erhöhten Energiebedarf haben, der mit alleiniger Raufuttergabe nicht zu decken ist.
Um genannte negative Effekte möglichst klein zu halten, aber nicht auf eine Energiezufuhr durch stärkereiche Futtermittel verzichten zu müssen, wird präferiert stärkehaltige Futtermittel zu verwenden (oder diese dahingehend zu verändern), die für den enzymatischen Aufschluss im Dünndarm (präzäkale Verdauung) verfügbar sind. Dabei sollte Stärke-Fermentation im Dickdarm aus genannten Gründen vermieden werden (Willard et al. 1977).
2.1. Methoden zu Bewertung der präzäkalen Verdaulichkeit
Grundsätzlich gibt es mehrere Methoden um die präzäkale Verdaulichkeit von Stärke bewerten zu können. Das Sammeln von Proben aus dem fistulierten Pferd, die mobile-bag-technique (MBT) und das Sammeln von Proben postmortem (Juilland et al. 2006). Außerdem eignen sich Plasma-Glucose-Werte sowie Insulin-Konzentrationen als Parameter für die präzäkale Verdaulichkeit (Thorringer et al. 2020).
2.2. Getreidearten und Verarbeitungsmethoden
Die Arten an Getreiden, die sich für die Fütterung von Pferden eignen, sind vielzählig. Historisch haben sich drei Arten etabliert: Hafer, Gerste und Mais. Sie unterscheiden sich in der nativen Form stark in den scheinbaren präzäkalen Verdaulichkeiten. Für Hafer liegt sie zwischen 80-95%, für Gerste bei 22% und für Mais bei 29%. Die Unterschiede ergeben sich aus den biochemischen Strukturen zwischen den Getreidearten. Insbesondere die Verhältnisse von amorphen und semikristallinen Bereichen im Stärkekorn, aber auch der Verbund des Mehlkörpers in Schale und Strukturpolysacchariden ist hier zu nennen.
Um die Getreide verfügbarer zu machen gibt es folgende Behandlungen: mechanisch (Quetschen, Brechen, Mahlen), thermal (Toasten, Mikronisieren), thermo-mechanisch (Flaking, Popping, Extrusion) und hydrothermal (Dampf-quetschen, Dampf-Brechen, Dampf-Flaking, Druck-Toasten, Dampf-Extrudieren, Pelletieren, Mikronisation). Unabhängig von der Behandlungsmethode gilt der Versuch die Verfügbarkeit der Stärke im Futtermittel zu erhöhen (Juilland et al. 2006).
2.3. Einfluss auf die Stärkeverdaulichkeit
Durch das Aufbrechen der biochemischen Strukturen in teilweise sehr kleine Teile (<2mm), ist es möglich, dass die Stärke wasserlöslich ist und mit der flüssigen Phase die präzäkalen Bereiche des Verdauungssystem schneller passiert (Kleffken 1993). McLean et al. (1999) konnten eine Verbesserung der Verdaulichkeit mit einer längerem Verweilen beobachten, wogegen Fombelle et al. (2001) keinen Zusammenhang zwischen Zeit und Verdaulichkeit feststellten.
Die Menge an Amylase im Jejunum ist höher bei der Fütterung von Getreide (am höchsten Hafer) als bei der Fütterung von Heu. Dabei ist sie unabhängig von der Verarbeitungsmethode (Radicke et al. 1992). Von den mechanischen Verarbeitungsmethoden zeigt Mahlen für Hafer, Gerste und Mais die besten Verbesserungen für die Verdaulichkeit vor dem Caecum. Es werden sowohl die Makrostruktur des Getreidekorns als auch die Stärkekörner selbst durch die Verarbeitung zerstört (Kienzle et al. 1997). Getreide mit höchsten Verdaulichkeiten nach einer Verarbeitung zeigen viele zerstörte Strukturen (Kienzle et al. 1993). Mikronisation zeigt besonders für Mais eine Verbesserung der Verfügbarkeit für die Verdauung (Meyer et al.1993). Durch die Kombination von Temperatur, Druck und Feuchtigkeit können die unlöslichen semikristallinen Bereiche des Stärkekorns gelatinisiert werden, wodurch die Stärke löslich und für Enzyme verfügbarer wird (Juilland et al. 2006).
Zwischen 4% und 30% des Getreides entgehen der präzäkalen Verdauung und erreichen den Dickdarm. Bei einer Fütterung von unter 2 g/kg Bodyweight (BW) Stärke erreichen maximal 0,5 g/kg BW Stärke den Dickdarm. Bei einer Fütterung von über 2 g/kg BW Stärke erreichen 0,7 g- 1,5 g/kg BW Stärke den Dickdarm (Juilland et al. 2006). Das könnte die von Kienzle et al. (1992) und Coenen (2013) beschriebene Fütterungsempfehlungsgrenze von maximal 2 g/kg BW Stärke bzw 1 g/kg BW Stärke bestätigen. Zusammenhänge zwischen Verarbeitungsmethoden und Erreichen des Dickdarms von Stärke konnten Juilland et al. (2006) nicht finden. Grundsätzlich wird, wie bereits erwähnt, Stärke im Dickdarm durch die ansässige Mikrobiota fermentiert. Bei nativen Getreiden wie Gersten und Mais gibt es Stärkeanteile, die nicht durch den Dünndarm verdaut werden können. Gerste zeigt sich im Dickdarm fermentierbarer als Mais (Juilland et al. 2006). Die Stärkeanteile können aber verringert werden, wenn sie mikronisiert oder extrudiert (Vergleich zu Quetschen) werden (McLean et al. 2000). Mahlen, Mikronisation, Popping und Pelletieren scheinen die präzäkale Verdaulichkeit von Stärke zu verbessern und die Verfügarkeit von Glucose zu erhöhen. Thorringer et al. (2020) konnten für mikronisierten und getoasteten Mais und Gerste (MM~81%, MB~71%, TM~78%, TB~55%) deutlich höhere präzäkale Verdaulichkeiten zeigen als in der nativen Form. Es scheinen diese Verarbeitungsmethoden aber keinen Einfluss auf die Reduzierung von Stärke im Dickdarm zu haben (Juilland et al. 2006).
Thorringer et al. (2020) konnten keinen Zusammenhang zwischen der Verarbeitungsmethode (Toasten und Mikronisation) des Getreides und Plasma-Glucose-Werten und Insulin-Werten feststellen. Auch Bothe (2001) konnte keine Zusammenhänge mit weiteren Verarbeitungsmethoden für Hafer, Gerste und Mais finden.
3. Zusammenfassung
Mechanische, thermale, thermo-mechanische und hydrothermale Verarbeitungsmethoden von Getreide kann die präzäkale Verfügbarkeiten im Pferd deutlich verbessern. Dafür macht es Sinn Getreidearten zu bearbeiten, die in der nativen Form eine schlechte präzäkale Verfügbarkeit besitzt. Hafer beispielweise hat auch in der nativen Form eine sehr gute präzäkale Verdaulichkeit und bedarf nicht unbedingt einer Verarbeitung.
Festzustellen ist auch, dass einige Methoden sich besser eignen als andere. Mikronisation zeigt sich als besonders geeignet hohe Verfügbarkeiten aus Getreiden zu generieren. Dennoch kann der Grundsatz, möglichst geringe bis gar keine Mengen an Stärke in den Dickdarm gelangen zu lassen, nicht durch die Verarbeitungsmethode beeinflusst werden. Hier bedarf es der Einhaltung an die Fütterungshöchstmengen (1-2 g/kg BW pro Tag/Mahlzeit), um die im Dickdarm ansässige Mikrobiota nicht zu gefährden und um pathologische Effekte abzuwenden. Unter Einbeziehung weiterer Parameter konnten keine Zusammenhänge zwischen der Verarbeitungsmethode des Getreides und Plasma-Glucose- und Insulin-Werten gefunden werden.
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